Kuschelkurs und Händchenhalten – daran denken viele auf Anhieb beim Stichwort Harmonie. Keine Frage! Jeder möchte gerne in einer Umgebung arbeiten, wo Wertschätzung und gute Stimmung Programm sind. Ist jedoch Kreativität gefragt, gelten besondere Regeln und Harmonie bekommt eine neue Bedeutung.
Mit Kommunikation zur Kreativkultur
Wenn ich als Trainer in Teams zu Gast bin, schaue ich mir als erstes ihre Kommunikation an. Gehen sie offen miteinander um? Machen sie Witze? Oder sind sie verhalten und vorsichtig? Wie die Menschen miteinander reden, sagt viel über Arbeitsatmosphäre und Unternehmenskultur aus. Außerdem lässt sich daran messen, wie wahrscheinlich in einem Team neue Ideen entstehen. Sei verrückt, brich mit Mustern und denk mal quer! Das ist leicht gesagt, doch wenn der Alltag nach Konformismus schreit, verändern diese Kommandos weder das Ideenpotenzial noch die Unternehmenskultur. Kreativ-Training ist nur dann nachhaltig, wenn wir eine Kreativkultur auch außerhalb des Workshops etablieren. Eine zentrale Säule ist unsere Art und Weise, wie wir miteinander reden.
Alles Fassade oder gelebte Ehrlichkeit?
Ein lockerer Kommentar oder eine spontane Bemerkung – ohne es zu merken, können wir Mitmenschen mit unseren Worten oder Taten empfindlich treffen. Gibt die Unternehmenskultur Kuschelkurs vor und versucht, Auseinandersetzungen um jeden Preis zu vermeiden, brodeln Gedanken und Gefühle unter der Oberfläche weiter. Hier entwickeln sie ein Eigenleben, breiten sich aus und vergiften die Stimmung. Wie eine verstimmte Geige im Orchester kann eine verletzte Person die Leistung des gesamten Teams gefährden.
Konstruktives Arbeiten ist hier kaum mehr möglich, Kreativität erst recht nicht! Im Zustand von Angst und Stress gerät unser Gehirn in einen fokussierten Modus. Wir haben plötzlich Scheuklappen auf und versuchen nur noch, uns gegen unser Umfeld zu verteidigen. Wir sind im Reaktionsmodus, Opfer der Umstände. Um kreativ zu sein, müssen wir jedoch in die Kraft kommen, wieder aktiv zu handeln, die Schutzmäntel fallen zu lassen und mit Offenheit und Freude an die Arbeit zu gehen.
Zusammen lachen und weinen – echte Harmonie leben
Kreativkultur bedeutet, gute und schlechte Stimmungen gemeinsam zu leben. Zweifel, Sorgen und Ängste – alles darf und muss raus auf den Tisch. So entsteht eine Stimmung, in der jeder zu Wort kommt und Gedanken teilen kann, die ihn beschäftigen. Das kann auch bedeuten, dass es mitunter heiß zugeht.
Auch in meiner Band PEYKAY erlebe ich diese Situationen ab und an. Wir treffen uns zur Probe und schon bei der Begrüßung ist klar, wenn einer von uns schlechte Laune hat. Was ist nur los mit ihm? Ist es was Ernstes? Hab‘ ich vielleicht etwas falsch gemacht? Diese Fragen stehen im Raum und lenken Energie und Aufmerksamkeit nach innen, wo sie uns hemmen. Lösen wir diese Spannungen nicht gleich auf, trägt die Kreativsession keine Früchte.
In solchen Situationen hilft nur eins: Alles hinlegen und den Elefanten im Raum ansprechen. Laut werden, schreien, alles rauslassen – das ist gewiss nicht immer angenehm. Doch das Resultat ist jeden Konflikt wert: echte Harmonie. Verständnis, Rückhalt und Offenheit führen zu einem völlig neuen Miteinander. Wir verstehen die Welt des anderen, das Vertrauen ineinander wächst und alle sind danach mehr bei der Sache und weniger in ihrem Kopf. Jetzt sind alle Ressourcen frei und es braucht nur noch einen kleinen Anstoß, damit die Ideen fließen. Diese Grundlage ist für die Kreativkultur so viel förderlicher als jeder Kreativprozess, jede Methode oder Strategie.
Mit Harmonie zur Kreativkultur – Fazit
So ein offener Dialog stellt sich nicht über Nacht ein. Um eine Kreativkultur im Unternehmen zu etablieren, kann ein externer Vermittler helfen. Doch einen Großteil kann jeder selbst tun. Lösen Sie Ihre Blockaden und sprechen sie unterschwellige Konflikte offen an. Sprechen Sie an, was jeder spürt, doch keiner ausdrücken will. Damit setzen Sie völlig neue Potenziale frei. Viele Menschen erfahren dadurch eine wahre Transformation und gehen mit völlig neuem Enthusiasmus an die Arbeit. Schluss mit der Bremse im Kopf! Selbst Zweifler erkennen nach einem solchen Prozess: plötzlich geht alles viel leichter von der Hand.